Die Angst vor dem Job

KI

KO durch KI – wie die Angst vor dem Verlust des Jobs durch den neuen Konkurrenten am Arbeitsplatz die Belegschaft krank macht- Bildquelle: Fotolia

Das Phänomen ist bekannt: Seit Jahren nimmt die Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen zu. Die genauen Zahlen schwanken nach Branche, Quelle und Berechnungsgrundlage. Doch egal wer rechnet oder wie gerechnet wird: die Kurve geht erkennbar nach oben. Längst sind Betriebsärztinnen und Betriebsärzte gehalten, neben der physischen auch die psychische Gesundheit im Blick zu haben. Im Psychoreport 2023 nennt die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) neueste Zahlen. 19 Prozent der Fehltage in ganz Deutschland gehen buchstäblich aufs Gemüt. In fast einem Fünftel der Fälle verhindert der seelische Druck das Arbeiten. Damit ist die Zahl in den letzten zehn Jahren um fast 50 Prozent angestiegen. Doch was steckt genau dahinter? Um welche Krankheitsbilder handelt es sich? DOKTUS hat sich das genauer angesehen.

Depressionen stehen ganz oben auf der Liste

Gemessen auf 100 Versicherte gehen laut DAK 301 Krankheitstage auf psychische Belastungen zurück. Angeführt wird die Liste vom Krankheitsbild der Depression. Sie ist für 118 Fehltage verantwortlich. Nicht berücksichtigt sind dabei die auslösenden Faktoren für die Depression. Wesentlich genauer sieht es bei den folgenden Krankheitsbildern aus. Laut dem Statistik-Portal Statista entfallen 77 Krankheitstage auf sogenannte Anpassungsstörungen. Darunter versteht man krankhafte psychische Belastungen, die durch gravierende Veränderungen im persönlichen Umfeld ausgelöst werden. Dazu gehören zum Beispiel der Tod eines nahen Angehörigen, Wohnungs- oder Wohnortwechsel, aber auch Veränderungen im Beruf. 34 Krankheitstage sind chronischen Erschöpfungszuständen geschuldet, im Volksmund könnte man das auch Überarbeitung nennen. Hier scheint die Vermutung nicht unbegründet, dass es sich fast ausschließlich um berufsbedingte psychische Erkrankungen handelt. Immerhin 24 Fehltage gehen auf ein Krankheitsbild zurück, das sich Arbeitsplatzphobie nennt. Das ist nun auch per Definition zu 100 Prozent auf den Beruf zurückzuführen.

Macht die KI alles schlimmer?

Noch ist es zu früh zu sagen, wie sich die flächendeckende KI auf die allgemeine Arbeitsgesundheit auswirken wird. Doch in einigen Branchen lässt sich bereits absehen, dass das Krankheitsbild der Arbeitsplatzphobie bei drohender Anwendungen der künstlichen Intelligenz ansteigen wird. Das gilt vor allem für den Buchhaltungsbereich, in dem KI bis zu 50 Prozent der Arbeitsplätze kosten könnte. Auch Programmierer können zum Teil schon durch KI ersetzt werden. Selbst in kreativen Berufen, wie etwa dem Journalismus, spielt die künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle. Tatsächlich hat jede tiefgreifende Veränderung in der Arbeitswelt auch immer wieder zu einem Anstieg der Arbeitsplatzphobie geführt. Die Erklärung ist dabei verblüffend einfach. Gerade die Angst davor, den Arbeitsplatz zu verlieren, führt zu Panikattacken oder anderen Symptomen, wie Kopf- oder Rückenschmerzen, die dann wieder eine Krankschreibung nach sich ziehen. Im Falle der KI verschärft die Bezeichnung auch noch die Situation. Das Wort „Künstliche Intelligenz“ impliziert auch eine geistige Überlegenheit des Systems oder der Maschine, was wiederum ein persönliches Minderwertigkeitsgefühl der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers auslösen kann. Auch die aktuelle Berichterstattung ist nicht gerade dazu angetan, Menschen zu beruhigen, die sich am Arbeitsplatz durch Künstliche Intelligenz bedroht fühlen.

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Was kann der Arbeitgeber tun?

Der wichtigste Punkt ist es, die KI zu entmystifizieren. Über die angeblichen Fähigkeiten der Künstlichen Intelligenz kursieren mittlerweile die wildesten Gerüchte. Unternehmen, die sich mit dem Gedanken tragen, in Zukunft KI-Lösungen in ihren Betrieben zu nutzen, sollten schon im Vorfeld Aufklärungsarbeit leisten. Im Vordergrund sollte dabei stehen, unbegründete Ängste und Bedenken zu zerstreuen. Darüber hinaus muss die Künstliche Intelligenz kein Job-Vernichter, sondern kann sogar ein Job-Motor sein. Das lässt sich am besten dadurch unter Beweis stellen, dass man Jobangebote schafft, die ihrerseits auf KI angewiesen sind. Daraus resultiert aber auch die Überlegung, Umschulungen und Fortbildungen anzubieten, durch die solche neuen Jobs auch angenommen werden können. Schließlich sollte vorab das Thema auch mit dem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin erörtert werden. Sie sind am ehesten geeignet, Anzeichen von berufsbedingten Angststörungen zu erkennen.

Peter S. Kaspar