Konzern sucht nach Whistleblowern

Krankenhaus

Ein Paradebeispiel für Firmensanierung durch internes Whistleblowing: Compliance beim Krankenhausieferanten Vamed Bildquelle: Fotolia

Whistleblower, so die landläufige Vorstellung, bilden ein Schreckensszenario für jedes Unternehmen. Nicht so für den Gesundheitskonzern Fresenius. Im Gegenteil: hier suchen sie gezielt nach Whistleblowern. Ihnen wird der gesamte Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes zugesichert, wenn sie etwas dazu beitragen können, windige Geschäfte eines Tochterunternehmens aufzuklären. Der Aufruf an Mitarbeiter, Zulieferer oder Geschäftspartner kommt nicht von ungefähr. Er ist Teil einer Umstrukturierung, die vor allem das österreichische Tochterunternehmen Vamed betrifft. Das einstige Vorzeigeunternehmen war unter anderem durch wohl nicht ganz lupenreine Geschäfte in Südamerika und Afrika in den Fokus geraten. Jetzt soll Vamed aufgeteilt werden. Schon im Interesse von möglichen Käufern, wollte man bei Fresenius nun möglichst schnell reinen Tisch machen.

Was steckt hinter Vamed?

Die Vamed AG in Österreich wurde 1982 eigentlich nur aus einem Zweck gegründet. Sie sollte das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien fertigstellen. Doch schnell wurde mehr daraus. 1984 lieferte die Vamed bereits acht Krankenhäuser in den Irak. In den folgenden Jahren entwickelte sich die Firma zu einem Dienstleister rund ums Krankenhaus. Auch bedeutende Kliniken in Deutschland gehören zu den Kunden von Vamed, wie etwa das Universitätsklinikum in Hamburg Eppendorf oder die Uniklinik in Köln. In Berlin, wo das Unternehmen seit 1990 seinen Deutschlandsitz hat, wird die Charité mit allen Dienstleistungen (außer den medizinischen) von Vamed versorgt.

Starke Auslandsgeschäfte auf verschiedenen Kontinenten

Zu den wichtigen Geschäftsfeldern von Vamed gehört die Entwicklung von Krankenhaus- und Reha-Projekten rund um den Globus. Neben Asien und Europa ist Vamed auch ganz besonders in afrikanischen Ländern sowie in Lateinamerika aktiv. Dort soll es bei der Health Tech Engineering, einer Tochter der Vamed, zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Um diese Aufzuklären hat Fresenius nun einen eigenen Prüfungsausschuss eingerichtet, der mögliche Missstände aufklären soll. Gleichzeitig wurde ein Münchner Anwaltsbüro eingeschaltet. Ungewöhnlich ist allerdings, dass sich der Prüfungsausschuss nun ganz gezielt an die Mitarbeiter des Auslandsgeschäft gewandt hat, mit der Aufforderung, alles zu berichten, was ihnen aufgefallen ist und das mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Hinweisgeberschutzgesetz verbunden hat. Whistleblower seien von allen straf- und zivilrechtlichen Folgen befreit, versichert der Fresenius-Konzern.

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Vamed soll zerlegt werden

Trotzdem bleiben Zweifel, ob der Appell wirklich auf fruchtbaren Boden fällt. Fresenius will Vamed aufteilen. Viele der etwa 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten dann ihren Job verlieren. Schon jetzt ist bei Health Tech Engineering die Belegschaft von 222 Beschäftigten auf 182 reduziert worden. Wie es mit Health Tech Engineering dann weitergeht, scheint unklar. Das Projektgeschäft soll bis 2026 aufgelöst und die noch laufenden Projekte nur noch abgearbeitet werden. Das ist ein ziemlich gewaltiger Einschnitt, machten die internationalen Projektgeschäfte doch 15 Prozent des Umsatzes von Vamed aus.

Die Interessenten sind schon da

Trotz der Unstimmigkeiten im Auslandsgeschäft mangelt es wohl nicht an Interessenten, die einzelne Teile der Vamed übernehmen wollen. Die Baukonzerne Strabag und Porr werden in das Projektgeschäft einsteigen, das Wiener Allgemeine Krankenhaus und mehrere Thermen übernehmen. Das Private-Equity-Unternehmen PAI Partners hat Interesse an dem Reha-Geschäft, in das es mit 67 Prozent einsteigt. Die letzten 33 Prozent verbleiben beim Mutterkonzern Fresenius.

Peter S. Kaspar