Whistleblower und Verbraucherschutz

Router

Mehr Schutz für Fiskus und Verbraucher – was wären wir ohne unsere wachsamen Whistleblower? Bildquelle: Fotolia

Ein Werkzeug zur Terrorabwehr, gegen Geldwäsche und Korruption sollte das Whistleblower-Gesetz sein, das in Deutschland unter dem etwas sperrigen Titel Hinweisgeber-Schutzgesetz 2023 in Kraft trat. Dass dieses Gesetz aber auch ein wertvolles Instrument in Sachen Verbraucherschutz sein kann, belegt der Fall von AVM. Das Elektronikunternehmen musste nun knapp 16 Millionen Euro bezahlen. Das Bundeskartellamt hatte AVM vorgeworfen, unzulässig auf die Preisgestaltung von Einzelhändlern eingewirkt zu haben.

Die Box, die fast jeder hat

Bei rund 70 Prozent aller Router, die in privaten Haushalten verwendet werden, handelt es sich um eine Fritz-Box. Die Geräte sind so beliebt, dass sich ihr Markenname vielerorts als Gattungsname durchgesetzt hat. So etwas kann Begehrlichkeiten wecken. Allerdings ist das Phänomen nicht neu. Tempos sind naturgemäß teurer als No-Name-Papiertaschentücher und wer Uhu kauft, wird eher selten einen Klebstoff anderen Namens kaufen. Wettbewerbsrechtlich ist dagegen auch nichts einzuwenden. Fragwürdig wird es allerdings, wenn der Hersteller versucht, die Preisgestaltung der Einzelhändler zu beeinflussen.

Bundeskartellamt verfügt über Meldestelle

Zwar muss jedes Unternehmen ab 50 Mitarbeitern inzwischen über eine interne Meldestelle verfügen, an die sich Whistleblower wenden können. Doch es gibt auch externe Meldestellen von Ministerien oder Behörden, die als Anlaufstelle für Hinweisgeber dienen. Auch das Bundeskartellamt hat eine solche Meldestelle eingerichtet. An die hat sich ein anonymer Hinweisgeber gewendet, dem das Geschäftsgebaren von AVM merkwürdig vorkam. Das Elektronikunternehmen verhandelte mit Einzelhändlern über Einkaufspreise, Endpreise und sogenannte Zielpreise, Preise, die nach Möglichkeit nicht unterschritten werden sollten.

Vorsorge Bildschirm G 37

Setzte AVM Einzelhändler unter Druck?

Auch solche Vereinbarungen sind zunächst nicht zu beanstanden. Allerdings überwachte AVM die Einzelhändler elektronisch. Über Vergleichsportale zum Beispiel, ließ sich sehr schnell feststellen, wer sich an die vorgegebenen Preise hielt. Wenn es nun zu deutlichen Abweichungen von den Zielpreisen kam, suchte das Unternehmen Kontakt mit den betreffenden Einzelhändlern, um sie an die geltenden Zielpreise zu erinnern. Oft wurden die Preise dann auch korrigiert – nach oben. An diesem Punkt sah sich das Kartellamt genötigt, einzuschreiten, weil es hierin eine verdeckte Preisabsprache sah, die letztlich zu Lasten der Endverbraucher ging. „Wir werfen AVM vor, über Jahre hinweg die freie Preisbildung beim Vertrieb seiner Produkte an Endverbraucherinnen und -verbraucher eingeschränkt zu haben“, erklärte der Präsident des Bundeskartell-Amtes, Andreas Mundt.

AVM bestreitet und bezahlt

Doch AVM bestreitet, dass es zu Nachteilen für die Endkunden gekommen sei. Vielmehr hätten die Absprachen dazu gedient, die Einzelhändler im Kampf gegen ihre Online-Konkurrenz zu stärken. Der stationäre, beratungsintensive Einzelhandel sieht sich durch den Onlinehandel bedroht. Laut AVM seien dem Einzelhandel daher bessere Konditionen eingeräumt worden als den Online-Händlern. Das Kartellamt ließ sich von dieser Argumentation allerdings nicht beeindrucken und verhängte ein Bußgeld von 15,8 Millionen Euro. AVM verzichtete auf ein Verfahren, einigte sich einvernehmlich und zahlte. Dennoch bleibt AVM bei seiner Version, nichts falsch gemacht zu haben. Die schnelle Zahlung der Geldbuße habe eine anderen Hintergrund, nämlich einen Generationenwechsel im Unternehmen. Den wollte man nicht mit einem langjährigen Verfahren belasten. Tatsächlich geht AVM Ende des Jahres in die Hände eines Finanzinvestors über. Die drei Gründer, Johannes Nill, Peter Faxel und Ulrich Müller-Albring sind alle um die 70 und ziehen sich weitgehend aus dem Unternehmen zurück. AVM beschäftigt 890 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und machte 2023 einen Umsatz von 580 Millionen Euro. Der Gewinn soll nach Schätzungen bei 80 bis 90 Millionen Euro liegen. Da scheint eine Geldbuße von knapp 16 Millionen noch einigermaßen verschmerzbar.

Peter S. Kaspar