Mehr Fluch oder mehr Segen?

Arbeitsmedizin

Vier Monate dauerte der Streik von Schauspieler:innen und Drehbuchautor:innen in Hollywood. Dabei drehte es sich nicht im klassischen Sinne um die Forderung nach mehr Geld oder nach einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Es war vielmehr der erste flächendeckend Streik, der durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz ausgelöst wurde. Die Streikenden brachten ihre Angst zum Ausdruck, durch KI ersetzt zu werden. Angst ist allerdings auch etwas, was viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in anderen Branchen umtreibt, wenn sie erfahren, dass in ihrem Unternehmen verstärkt KI eingesetzt werden soll. In der Arbeitsmedizin weiß man, dass Angst am Arbeitsplatz zahlreiche mentale Probleme auslösen kann. Macht KI also krank? Oder kann die künstliche Intelligenz sogar in der Betriebsmedizin effektiv eingesetzt werden. DOKTUS sucht nach einigen Antworten.

Die Angst vor Veränderungen ist uralt

Die meisten technischen Veränderungen in der Neuzeit haben viel Skepsis und Ängste bei den Betroffenen erzeugt, ja sogar Aufstände und Revolten ausgelöst, ehe sie sich durchsetzen konnten. Geradezu sprichwörtlich wurden die Maschinenstürmer im 19. Jahrhundert, als der mechanische Webstuhl eingeführt wurde. Tatsächlich gibt es bei revolutionären Neuerungen auch immer wieder Menschen, die zunächst auf der Strecke bleiben, indem sie etwa ihren Arbeitsplatz verlieren. Tatsächlich aber hat langfristig jede technische Revolution unterm Strich mehr Arbeitsplätze generiert, als durch sie anfangs weggefallen sind. Für direkt Betroffene jedoch ist das in den allermeisten Fällen ein schwacher Trost.

Verantwortungsvoller Einsatz von KI

Der Einsatz von KI kann in einem Unternehmen auf unterschiedliche Weise Einfluss auf die mentale Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern haben. Einerseits ist da die Angst, dass eine künstliche Intelligenz eines Tages den Job ganz übernehmen und man selbst überflüssig werden könnte. Das kann zu Depressionen und Angststörungen führen mit der unweigerlichen Konsequenz, dass die Arbeitsfähigkeit dadurch angegriffen wird. Doch auch umgekehrt droht Gefahr. Es gibt ja auch Mitarbeitende, die den Einsatz von KI begrüßen, nimmt einem die Künstliche Intelligenz doch eine ganze Menge Routinearbeit ab, die unnötige Energien bindet. Nun erledigt die KI gerade diese Routinearbeit wie Berechnungen oder Tabellenauswertungen und ähnliches ganz besonders schnell. Das heißt, es wird sehr viel Zeit gespart. Für die Mitarbeitenden bedeutet das, dass diese Zeitersparnis auch sinnvoll genutzt werden muss. Das heißt, sie müssen mit den Ergebnissen der KI arbeiten, die allerdings nun in hoher Geschwindigkeit auf den Schreibtisch prasseln. Wer da nicht hinterher kommt, macht den Zeitvorteil der KI wieder zunichte. Die Folge davon ist Stress, der sich seinerseits nachteilig auf die Arbeitsleistung und die mentale Gesundheit auswirken kann. So droht zum Beispiel das berüchtigte Burn Out Syndrom. Beide Gefahren muss eine Unternehmensleitung bei der Einführung von KI bedenken. Daher ist es nicht nur im Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sondern auch im dem der Unternehmensleitung, möglichst verantwortungsvoll mit einer neu eingeführten KI umzugehen. Konkret heißt das, einerseits den Skeptischen die Angst zu nehmen und andererseits den Ehrgeizigen die Schranken im Umgang mit KI kenntlich zu machen. Dies wird in Zukunft auch verstärkt ein Aufgabenfeld von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten sein.

Vorsorge Bildschirm G 37

Kann die KI Betriebsärzte ersetzen?

Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sollten deshalb die KI aber nicht als Bedrohung betrachten. Im Gegenteil, die Künstliche Intelligenz kann einen erheblichen positiven Einfluss auf die Gesundheit am Arbeitsplatz haben. Zum Beispiel kann das Auswerten von Unmengen von Daten zu Arbeitsunfällen durch eine KI Muster erkennen lassen, die in der Folge zu einer Verbesserung der Situation in bestimmten Arbeitsbereichen führen kann. Einen großen Vorteil versprechen sich die Arbeitsmediziner beim Einsatz von künstlicher Intelligenz in den Vorsorge. So können individuell im Zusammenhang mit Vorsorgeuntersuchungen Anomalien früher erkannt und Risiken dadurch besser eingeschätzt werden. Auch auf dem Feld der Schulung und Information kann die KI, richtig eingesetzt, der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt eine große Hilfe sein.

KI kommt auch in der Betriebsmedizin an

Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz geht für Außenstehende offenbar rasend schnell. Sie greift in immer mehr Bereiche des Lebens ein und sie macht natürlich auch nicht vor der Betriebsmedizin halt. Ihre Einführung kann den Arbeitsschutz noch einmal auf ein ganz anderes Niveau heben. Doch das funktioniert nur mit einem verantwortungsvollen Umgang mit der neuen Technologie. Es braucht eine klare Idee und ein eindeutiges Konzept, ehe die Künstliche Intelligenz für die Betriebsmedizin in einem Unternehmen eingesetzt wird. So segensreich sich diese Technologie auswirken kann, so sehr kann es auch schief gehen, wenn der Einsatz nicht gut durchdacht ist. Sonst kann es Unternehmern gehen, wie dem Zauberlehrling, der am Ende die herbeigezauberten Besen nicht mehr los wird.
Peter S. Kaspar

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