Auf Skiern zum Arbeitsunfall?
Skifahren, so die landläufige Meinung, ist ein Freizeitvergnügen. Eine Verletzung auf Piste oder Loipe kann eigentlich nur Skilehrern, Pistenrettern, Bergführern und dergleichen als Arbeitsunfall angerechnet werden, sicherlich aber niemandem, der sich die Bretter im Urlaub anschnallt. Eine Arbeitnehmerin aus einer ganz anderen Branche war sich dessen allerdings nicht so sicher. 2008 wurde bei ihr in beiden Ellenbogengelenken eine Arthrose festgestellt. Wiederum sechs Jahre später keimte in ihr der Verdacht auf, dass diese Arthrose etwas mit einem Skiunfall im Jahr 2003 zu tun haben könnte. Und dieser Skiunfall, da war sie sich ganz sicher, war letztlich auf ihre berufliche Tätigkeit in den Jahren 1998/99 zurückzuführen. Damals musste die Frau den ganzen Arbeitstag mit schweren Buchungsstempeln hantieren. Daraus, so folgerte sie messerscharf habe sich eine Fehlstellung der Hand entwickelt, die letztlich zu einem „Computerellenbogen“ geführt habe. Der – so gab sie zu Protokoll – sei nicht richtig behandelt worden. Dieser letztlich nie richtig behandelte Ellenbogen sei am Ende Ursache eines Unfalls beim Langlaufen gewesen, bei dem sich die Frau das rechte Radiusköpfchen im Ellenbogen gebrochen hatte.
Keine ungewöhnliche Verletzung
Tatsächlich ist der Bruch des Radiusköpfchens eine der häufigsten Verletzungen, wenn es zu einer Fraktur im Ellenbogenbereich kommt. Er kann dann passieren, wenn sich der Patient beim Stürzen mit dem ausgestreckten Arm abzufangen versucht. Es handelt sich also schon um eine fast klassische Verletzung, die nicht nur beim Skifahren, sondern allgemein in der Folge eines Sturzes passiert. Das sah auch der behandelnde Arzt in der Klinik so, der von einem Sturz beim Skifahren ausging. Trotzdem zog die Frau vor Gericht. Aus ihrer Sicht handelte es sich nämlich um einem „Quasi-Arbeitsunfall“. Der Ellenbogen sei nur deshalb gebrochen, weil das Stützsystem des Ellenbogens durch ihre berufliche Tätigkeit ruiniert worden war.
Skifahren ist keine versicherte Tätigkeit
Das Sozialgericht in Heilbronn, das sich in der ersten Instanz mit dem Fall befasste, wies das Anliegen der Frau ab. Skifahren sei keine versicherte Tätigkeit argumentierte das Gericht. Dem schloss sich auch das Landessozialgericht in Stuttgart an. Zwischen Skifahren und der beruflichen Tätigkeit sahen die Stuttgarter Richter weder einen inneren noch einen sachlichen Zusammenhang. Sie bezogen sich dabei ausdrücklich auf das Gutachten der Klinik sowie die Aussagen der Frau selbst.
Vorbeugen statt Klagen
Die Kausalkette, die die Frau über Jahre geknüpft hatte, schien den Gerichten dann doch ein wenig zu lang zu sein. Doch ganz abgesehen davon zeigt der Fall auch, wie wichtig die richtige Ergonomie am Arbeitsplatz ist. Das ist eine Thematik, auf die die Betriebsärzte von DOKTUS ganz besonderen wert legen. Selbst wenn die Frau mit ihrer Vermutung recht haben sollte, dass ihre berufliche Tätigkeit zu einer Fehlstellung des Handgelenkes geführt hat, dann hätte man dem schon durch vorbeugende Maßnahmen Abhilfe schaffen können. Schon bei der Vorsorgeuntersuchung G37 werden neben einer Augenuntersuchung auch das Arbeitsumfeld in Augenmerk genommen und der Bewegungsapparat untersucht. Spätestens hier fällt eine Fehlbelastung, die zu einem Computerellenbogen führen kann, sofort ins Auge. Allerdings muss eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer diese Untersuchung auch wollen. Der Arbeitgeber kann sie nur anbieten. Verpflichtend ist sie nicht.
Die Lehre Nummer zwei
Hinsichtlich des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit birgt der Fall aber auch noch eine zweite Lehre, die nicht sofort ins Auge sticht. Zwar geschah der Unfall in der Freizeit beim Skifahren, die Verletzung selbst ist aber die Folge eines Sturzes. Die häufigsten Arbeitsunfälle resultieren aber aus Stürzen und hier kommt wieder die Betriebsmedizin ins Spiel. Laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin verletzten sich jedes Jahr fast zehn Millionen Menschen in Deutschland bei Stürzen. Bei einem guten Drittel davon sind Knochenbrüche die Folge. Neben vorbeugenden Maßnahmen, die in den Aufgabenbereich des Sicherheitsberaters fallen, wie etwa rutschsichere Böden, kann auch ein gesundes Muskel- und Bewegungssystem dabei helfen, die Folgen von Stürzen zu minimieren. Auch dazu können die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte von DOKTUS wertvolle Anregungen geben, etwa wenn es um Muskelaufbau oder um die Beweglichkeit geht.
Peter S. Kaspar