Arbeitsschutz mit Hilfe von Virtuellen Realitätsbrillen (VR-Brillen)
VR-Brillen erschließen eine völlig neue Dimension. Dem Betrachter eröffnen sich Räume, die er vielleicht nie zuvor gesehen hat. Doch die virtuelle Realität bietet auch noch ganz andere Möglichkeiten. DOKTUS wollte wissen, ob diese im Volksmund oft fälschlich auch als 3-D-Brillen bezeichneten Geräte auch etwas für die Arbeitssicherheit leisten können. Und dafür sind wir erst einmal in den Wald gegangen. Zwar sagt man den Deutschen ein besonders inniges Verhältnis zum Wald nach, doch dabei wird gern übersehen, dass der Forst zu den gefährlichsten Arbeitsplätzen überhaupt gehört. Unfälle sind fast an der Tagesordnung und der Arbeitsschutz spielt daher eine herausragende Rolle. Genau hier zeigt sich ein interessantes Beispiel für den Einsatz der Virtuellen Realität im Dienste der Arbeitssicherheit. Zu den besonders gefährlichen Tätigkeiten in der Holzwirtschaft gehört das Baumfällen. Einerseits ist es stets ein heikler Moment, wenn der Warnruf ertönt: „Baum fällt“. Doch wenn er dann liegt, ist es mit den Gefahren noch nicht vorbei. Er muss ja noch zerlegt werden. Ob beim Fällen oder Zerlegen – stets ist die Motorsäge im Einsatz. Der Umgang mit ihr erfordert eine gute Ausbildung, Konzentration und Erfahrung. Doch die muss man sich erst aneignen.
In Bayern haben sie nun einen Weg dafür gefunden – mittels virtueller Realität. Im Bildungszentrum der Bayrischen Staatsforsten (BaySF) in Buchenbühl trainieren die angehenden Forstwirtinnen und Forstwirte mit der VR-Brille – und das sehr umfangreich. Mit der Brille werden sie virtuell, aber sehr realitätsnah, in den Wald geschickt. Zunächst einmal muss der künftige Forstwirt an den entsprechenden Ort kommen. Was sich einfach anhört, kann buchstäblich Fußangeln in sich bergen. Viele Unfälle im Wald passieren weder beim Fällen von Bäumen noch beim Zersägen von Holz, sondern ganz simpel auf dem Weg dorthin. Lässt sich ein Anwärter von der Perfektion des virtuellen Waldes zu sehr berauschen und schaut zu lange in die künstlichen Baumwipfel, signalisiert ihm ein Vibrieren, dass er gerade über einen Ast oder einen Baumstamm gestolpert ist. Der Vorteil an der virtuellen Realität ist, dass sich der Betroffenen nun gerade nicht die Bänder gerissen, den Fuß verstaucht oder die Knochen gebrochen hat. Am eigentlichen Arbeitsort angekommen, muss die künftige Forstfrau oder der Forstmann die richtigen Entscheidungen treffen. Hätte er sich vor dem Gang in den Wald schon falsch entschieden, etwa für das ungeeignete Werkzeug, müsste er normalerweise nun den ganzen Weg zurückgehen. Doch der Computer hilft am Ende doch, das Passende zu finden. Sensoren ermitteln nun, ob die Motorsäge richtig gehalten wird, ob der Winkel stimmt, mit dem die Säge angesetzt wird. Alles wird entsprechend aufgezeichnet. Zurück in der echten Realität angekommen, werden die Aufzeichnungen nun ausgewertet und durchgegangen. Mögliche Fehler werden sofort erkannt und können in Zukunft vermieden werden.
Virtuelle Realität nicht nur in der Forstwirtschaft
Der Einsatz zur Ausbildung in den Bayrischen Staatsforsten ist nur ein Beispiel dafür, was die virtuelle Realität für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit leisten kann. Längst geht es dabei nicht nur um Ausbildung. Verschiedene Feuerwehren trainieren mittlerweile regelmäßig typische Einsätze mit Hilfe von Virtueller Realität. Große Unternehmen wie Jungheinrich oder Skoda ermitteln Einsatzmöglichkeiten für die VR. Bei Jungheinrich werden zum Beispiel Staplerfahrer mit Hilfe der VR-Brille ausgebildet. Sogar in der sonst eher konservativen Bauindustrie, die elektronischen Neuerungen oft mal skeptisch gegenübersteht, sind VR-Brillen auf dem Vormarsch, können sich mit ihr doch leicht der IST- und der SOLL-Zustand vergleichen lassen.
Einsatz auch in der Betriebsmedizin
In England wird derzeit daran geforscht, wie die VR oder AR in der Angsttherapie eingesetzt werden kann. Während in der VR eine komplett neue Realität geschaffen wird, werden in der Augmentet Reality lediglich virtuelle Elemente in eine reale Umgebung eingespeist. Die Forschenden sehen in beiden Verfahren ein großes Potential für die Angst und Konfrontations-Therapie. Das kann für die Betriebsmedizin eine bedeutende Rolle spielen. Arbeitnehmer etwa, die durch einen Betriebsunfall schwer traumatisiert wurden, können oft schlecht wieder in ihr altes Berufsbild integriert werden. Neue Verfahren in der Angstbewältigung und Angstkontrolle können dabei helfen, traumatisierte Mitarbeiter wieder an ihren alten Arbeitsplatz zurück zu bringen. Doch auch in diesem Fall gilt, dass es erst gar nicht soweit kommen sollte. Deswegen ermutigt DOKTUS im Sinne der Arbeitssicherheit jeden Arbeitgeber sich VR-Lösungen für das eigene Unternehmen anzusehen.
Peter S. Kaspar