Der lange Schatten von Covid
Weltweit sinken die Zahlen der Menschen, die sich mit Corona infiziert haben. Bisweilen wird die Erkrankung gar nicht bemerkt, andere haben leichte, die nächsten schwerere Symptome. Halten sie mehr als vier Wochen an, spricht man von Long-Covid, bei mehr als 12 Wochen von Post-Covid. Hier stellt sich die Frage: Wer zahlt für die Folgen? Eine Demonstration vor dem Reichstag hat vor wenigen Tagen auf die Menschen aufmerksam gemacht, die unter langfristigen Folgen einer Covid-Erkrankung leiden. Normalerweise übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Doch das muss nicht zwingend so sein. Für bestimmte Berufsgruppen wurde Covid nämlich als Berufskrankheit eingestuft, etwa für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Pflegeberufen. Das hat Folgen. Bei Berufskrankheiten übernimmt nämlich die Unfallversicherung die Kosten. Deren Leistungen sind allerdings deutlich umfangreicher als die der gesetzlichen Krankenkasse.
Unfallversicherung zahlt für die berufliche Wiedereingliederung
Ein Patient, dessen Long-Covid-Erkrankung als Berufskrankheit eingestuft wurde, hat zum Beispiel neben der Erstattung für die Kosten von Heilbehandlung und Rehabilitation auch das Recht auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, am Leben in der Gemeinschaft und bei Pflegebedürftigkeit. Darauf weist der DGB in einer Mitteilung hin. Demnach muss die Unfallversicherung alles Erdenkliche dafür tun, dass Gesundheit und Leistungsfähigkeit wieder hergestellt werden. Zu den Berufsgruppen, bei denen ein Long-Covid als Berufskrankheit vermutet wird, zählen zum Beispiel die Angehörigen von Pflegeberufen, Beschäftigte in Laboren und in der Wohlfahrtspflege. Unter Umständen können aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Einzelhandel oder anderen Berufen mit intensivem Kundenkontakt ihre Erkrankung geltend machen. In diesem Fall aber geht es dann nicht um eine Berufskrankheit, sondern um einen Arbeitsunfall.
Arbeitsunfall statt Berufskrankheit
Für den ganzen Umfang der Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist es aber entscheidend, ob die Folgen von Long-Covid als Berufskrankheit oder als Arbeitsunfall eingestuft werden. Doch die Einstufung als Arbeitsunfall ist ungleich seltener. Dafür müsste der Betroffene nämlich genau nachweisen können, durch wen er zu welchem Zeitpunkt genau infiziert wurde. Das ist allerdings nur in den seltensten Fällen schlüssig nachweisbar. Nur etwa ein Zehntel der anerkannten Fälle wurden bislang als Arbeitsunfall eingestuft.
Zahl der Berufskrankheiten ist förmlich explodiert
Für die gesetzliche Unfallversicherung stellen die Folgen von Covid ein beträchtliches Problem dar. Die Pandemie hat nämlich die Zahlen der Verdachtsfälle bei Berufskrankheiten förmlich explodieren lassen. Hatte die gesetzliche Unfallversicherung im Jahr 2020 noch rund 30.000 Verdachtsfälle gemeldet, waren es zwei Jahre später schon fast eine halbe Million, wie der Deutschlandfunk berichtet. In etwa der Hälfte der Fälle wurde bisher eine Berufskrankheit auch bestätigt. Im Jahr 2021 hatte die gesetzliche Unfallversicherung bereits 88 Millionen Euro für die Covidfolgen aufgewendet. Es ist davon auszugehen, dass die Zahlen für 2022 erheblich höher liegen. Gemessen an der Gesamtzahl der Erkrankten machen die Fälle der anerkannten Berufskrankheiten einen verschwindend kleinen Teil aus: gerade mal zwei Prozent. Da liegt die Überlegung nahe, dass viele mögliche Verdachtsfälle von den Arbeitgebern gar nicht gemeldet wurden.
DOKTUS empfiehlt Verdachtsfälle zu melden
Da eine Wiedereingliederung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die unter Long-Covid-Symptomen leiden, auch im Interesse der Arbeitgeber liegt, empfiehlt DOKTUS Arbeitgebern solche Fälle zu melden, bei denen sie vermuten, dass die Erkrankung eine Berufskrankheit oder einen Arbeitsunfall darstellt. Allerdings kann sich eine Anerkennung sehr lange hinziehen, was ein Grund für die eingangs erwähnte Demonstration vor dem Reichstag war. Trotzdem kann sich eine Anerkennung als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall für alle Seiten am Ende als hilfreich herausstellen. Informationen gibt es auf der Seite longcovid-info.de
Peter S. Kaspar