Frieren im Büro?
Energiesparen ist angesagt. Mit dem Segen der Regierung können Arbeitgeber die Temperatur in den Betrieben herunter fahren. Was bedeutet das für die Beschäftigten und den Arbeitsschutz? DOKTUS klärt auf, was wann erlaubt ist – und was nicht.
Nach einem extrem heißen Sommer ist es früh kühl geworden in diesem Jahr. Das nährt die Furcht vor einem langen kalten Winter. Und ausgerechnet jetzt wird die Energie knapp. Wirkten die Mahnungen zum Herunterdrehen der Heizung vor wenigen Wochen noch ein wenig surreal, so wird es schon in den letzten Tagen des Septembers ernst. Nicht wenige frieren bereits und manche Hausverwaltung weigert sich noch beharrlich, die Heizung hochzufahren. Doch wie steht es um die Arbeitgeber? In öffentlichen Gebäuden jedenfalls wird die Temperatur auf 19° C gedeckelt. An der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ginge das allerdings knapp vorbei, denn dort ist eine Mindesttemperatur von 20°C vorgesehen. Doch der Gesetzgeber hat vorgesorgt. Seit dem 1. September gilt die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristige wirksame Maßnahmen“. EnSikuMaV lautet die etwas sperrige Abkürzung. Danach ist die Absenkung um ein Grad nunmehr erlaubt.
Die 19 Grad gelten nicht überall
Doch egal, ob 20 oder 19 Grad, ein absoluter Wert ist das nicht. Vielmehr kommt es auf die Betriebsstätte und auf die Tätigkeit an. Letztlich wird die Temperatur über die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ geregelt. Bei der spielt die körperlichen Beanspruchung des Arbeitnehmers eine entscheidende Rolle. Es macht einen Unterschied, ob jemand vorwiegend am PC arbeitet und sich die einzige Bewegung am Arbeitstag im Gang an die Kaffeemaschine erschöpft, oder aber einer sehr schweißtreibenden Arbeit nachgeht. Wer zum Beispiel den ganzen Tag schwere Kisten oder Säcke schleppt, für den darf die Raumtemperatur sogar bis auf 12 Grad heruntergeregelt werden. Je nach Tätigkeit gelten also verschiedene Grenzwerte – und die sind alle um ein Grad gesenkt worden. Bis auf den untersten Grenzwert. Da bleibt es bei 12 Grad. In Hinblick auf den Arbeitsschutz und die Gesundheit der Beschäftigten begrüßt DOKTUS, dass sie Untergrenze nicht angetastet wurde.
Wo kann man sich aufwärmen
Wer bei 19, 18 oder gar 15 Grad arbeiten muss und zudem vielleicht etwas temperaturempfindlich ist, hat immerhin die Chance, sich in der Pause ein wenig aufzuwärmen. Die Arbeitsstättenverordnung regelt nämlich nicht nur die Temperatur am Arbeitsplatz, sondern auch die für Pausenräume, Toiletten oder die Kantine. Da war die Mindesttemperatur auf 21°C festgeschrieben – und da bleibt sie auch, ungeachtet der Vorgaben zum Energiesparen. In Waschräumen, in denen Duschen installiert ist, muss es sogar 24 Grad warm sein. Das ist wenigstens ein kleiner Hoffnungsschimmer für echte Frostbeulen.
Akzeptanz zum Energiesparen ist groß
Dass Unternehmen wegen des Herunterfahrens der Heizung mit einer Klagewelle durch Arbeitnehmer rechnen müssen, steht nicht zu befürchten. Laut der Onlinepublikation des Haufeverlags befürworten rund zwei Drittel der befragten Arbeitnehmer die Energiesparmaßnahmen der Unternehmen. Dabei sind die gesetzlich nicht einmal zum Handeln gezwungen. Wer will, darf seinen Mitarbeitern so richtig einheizen – im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen versteht sich. Und die sehen natürlich auch eine Höchsttemperatur vor. Unterschreiten dürfen Unternehmen die neuen Grenzwerte allerdings auch nicht.
Die Gesundheit geht am Ende vor
So notwendig es ist, in Zeiten der Energieknappheit die Heizungen herunterzudrehen, so wichtig ist allerdings auch der Erhalt der Gesundheit der Arbeitnehmer. Dies liegt nicht zuletzt im Interesse der Arbeitgeber. In diesem Zusammenhang empfiehlt DOKTUS auch über das Heizen hinaus zu denken. Es geht eben in der kalten Jahreszeit nicht nur um das Vermeiden von Erkältungskrankheiten in kühlen Räumen. Es ist auch Grippesaison. Gegen die gefürchtete Infektionskrankheit kann man mehr tun, als nur warme Socken zu tragen: Betriebsärzte impfen auch gegen den aktuellen Grippeerreger.
Peter S. Kaspar