Fußball mit Folgen
Dass Fußballspielen arbeitsrechtlich und arbeitsmedizinisch folgenreich sein kann, sollte mittlerweile bekannt sein. Selbst im Betriebssport gilt eine schwere Verletzung nicht mehr als Betriebsunfall, wenn das Spiel unter Wettkampfabsichten stattgefunden hat. Bolzen, so scheint es, ist noch erlaubt, das gepflegte Fußballspiel ist dagegen verdächtig. In Baden-Württemberg versuchte eine Berufsgenossenschaft nun sogar noch heftiger am Rad zu drehen. Danach könnten kickende Berufstätige unter gewissen Umständen sogar bei einem eindeutigen Berufsunfall ihren Versicherungsschutz bei der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGVU) verlieren.
Freizeitkick mit Folgen
Der Außendienstmitarbeiter eines Unternehmens war ein begeisterter Freizeitkicker. Eines Tages musste er seine Leidenschaft aber sehr schmerzhaft bezahlen. Bei einem Spiel riss er sich das Kreuzband, eine Verletzung, die bei Fußballern aus zwei Gründen sehr berüchtigt ist: Einerseits dauert es oft ein Jahr, ehe man wieder auf dem Platz stehen kann. Andererseits kann so eine Verletzung auch das endgültige Karriere-Aus bedeuten. Bei dem Außendienstmitarbeiter aus Süddeutschland deutete sich das zumindest an.
Spätfolgen im Treppenhaus
Zwei Jahre vergingen. Die Karriere als Hobby-Fußballer hatte sich inzwischen erledigt. Doch bald sollte der junge Mann wieder an seine jüngst beendete Fußballer-Laufbahn erinnert werden – und zwar im Treppenhaus eines Kunden. Ein kleiner Fehltritt ließ den Meniskus und in der Folge abermals das Kreuzband reißen. Damit war die fußballerische Karriere gelaufen. Doch Glück im Unglück: Da der Unfall im Treppenhaus eines Kunden passierte, handelte es sich um einen Wegeunfall. Durch die zuständige Berufsgenossenschaft sollte der junge Mann die beste nur denkbare Behandlung bekommen, damit seine Arbeitskraft alsbald wieder hergestellt würde.
Berufsgenossenschaft will nicht zahlen
Doch das böse Erwachen kam nach der ersten Begutachtung des Falles. Die Berufsgenossenschaft weigerte sich, die Kosten für die Behandlung zu übernehmen. Zwar erkannte sie an, dass es sich bei dem Fehltritt um einen Wegeunfall handelte, argumentierte aber, dass die schweren Folgen letztlich auf den Sportunfall zwei Jahre zuvor zurückzuführen wären. Hätte der Angestellte sich nicht bei einem privaten Fußballspiel verletzt, wären die Folgen bei dem Arbeitsunfall zwei Jahre später deutlich glimpflicher ausgegangen.
Weg durch die Instanzen
Schon in der ersten Instanz handelte sich die Berufsgenossenschaft eine Niederlage ein. Vor dem Landessozialgericht in Stuttgart wurde die Angelegenheit dann noch deutlicher. Die Knieverletzung aus dem Fußballspiel zwei Jahre zuvor könne keinesfalls als Argument herhalten, dem Versicherten die Leistungen aus der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zu verweigern, urteilte das Landessozialgericht in Stuttgart.
Vorschäden können trotzdem relevant sein
Der Fall bedeutet allerdings nicht, dass sich Berufsgenossenschaft überhaupt nicht mit der Krankengeschichte eines Versicherten vor seinem Arbeitsunfall beschäftigen dürfen. Vorschäden, die durch Verletzungen außerhalb des beruflichen Geschehens aufgetreten sind, und erst spätere Schäden, etwa bei einem Arbeitsunfall, begünstigen, können tatsächlich zu einem Verlust oder teilweisen Verlust des Versicherungsschutzes führen. Allerdings haben die Gerichte die Messlatte dafür sehr hoch gelegt. Mit Fällen, wie jenem, der beim Landessozialgericht in Stuttgart verhandelt wurde, könnten Berufsgenossenschaft versuchen, diese Messlatte immer wieder etwas tiefer zu legen.
Peter S. Kaspar
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