Geld im Brunnen versenkt?

Brunnen

Der Neue Brunnen in Mainz – Warum bei den Mainzer Stadtwerken das Hinweisgeber-Schutzgesetz greift – Bildquelle: © Asio otus / Wikimedia Commons

32 Millionen Euro – das ist schon mal eine Hausnummer – und eine Größenordnung, die Begehrlichkeiten wecken kann, wenn die Öffentliche Hand Aufträge in dieser Höhe vergibt. 32 Millionen, soviel wollten sich die Mainzer Stadtwerke die Sanierung ihrer Brunnen kosten lassen, die seit 2019 nicht mehr so recht sprudeln wollten. Doch damit begann auch ein sehr undurchsichtiger Prozess, der am Ende den Leiter der Innenrevision seinen Job hätte kosten können. Doch im Moment sieht es nicht so aus, als würden die Stadtwerke von Mainz den ungeliebten Innenrevisor so schnell los. Er steht nämlich inzwischen unter dem Schutz des Whistleblower-Gesetzes, das im Amtsdeutsch auch Hinweisgeber-Schutzgesetz heißt. Bei der ganzen Geschichte geht es noch nicht einmal darum, ob es bei der Vergabe von Aufträgen tatsächlich zu strafbaren Handlungen gekommen ist, die ins Fach der Korruption gehören. Vielmehr ist es ein Lehrstück darüber, was mit dem seit 2023 geltenden Gesetz möglich ist – und was Unternehmen besser vermeiden sollten.

Die Innenrevision wird aktiv

Wenn ein Auftrag in dieser Größenordnung vergeben wird, ist es nur normal, dass die Innenrevision einen Blick auf Ausschreibungs- und Vergabeverfahren wirf. Immerhin ist es die Aufgabe der Innenrevision, das Unternehmen vor wirtschaftlichem Schaden zu bewahren. Doch so weit kam die Prüfabteilung gar nicht. Der Vorstand der Mainzer Stadtwerke begann zu mauern. Dabei hätten sich die Prüfer brennend dafür interessiert, warum die Ausschreibungsunterlagen nur drei, statt bis zu 25 geeigneten Firmen zugegangen waren. Auch wunderten man sich sehr, dass es keine vernünftige Projektdokumentation gab. Wichtige Unterlagen, wie Kostenschätzungen, Leistungsnachweise oder Konzepte gab es nicht. So seien, wie es heißt, „Aufträge freihändig vergeben worden.“ Nachvollziehen lässt sich kaum etwas. Offenbar vermochte auch niemand zu sagen, ob die abgegebenen Angebote sachgerecht und plausibel waren.

Die Situation eskaliert

Doch die zahlreichen offensichtlichen Verfahrensmängel, die die Innenrevision festgestellt hatte, brachten den Vorstand der Mainzer Stadtwerke nicht dazu, etwas an der Situation zu ändern. Stattdessen wurden nun die Prüfer kritisiert. Schließlich wandte sich die Innenrevision an den zuständigen Ombudsmann, einen Anwalt aus Regensburg. Der bestätigte die Mängel, die die Innenrevision ausgemacht hatte. Die Reaktion der Stadtwerke war erstaunlich. Der Ombudsmann wurde von seinen Aufgaben entbunden und durch eine Mainzer Kanzlei ersetzt. Diese sollte auch – ganz im Sinne des Hinweisgeber-Schutzgesetzes – künftig auch als interne Meldestelle fungieren, also Anlaufpunkt für Whistleblower sein. Die Sache hatte allerdings einen kleinen, aber entscheidenden Haken: Die Kanzlei vertrat gleichzeitig auch die Mainzer Stadtwerke bei Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Interessenskonflikte sind damit vorprogrammiert. Es hätte nämlich ganz schnell so kommen können: Der Leiter der Innenrevision wurde inzwischen mehrmals abgemahnt und schließlich betriebsbedingt gekündigt. Dagegen klagte er. Gleichzeitig war er aber ein klassischer Fall für das Hinweisgeber-Schutzgesetz. Da aber die Interne Meldestelle ebenfalls als anwaltliche Vertretung für Arbeitsgerichtsfälle fungiert, hätte die Kanzlei ja gegen sich selbst antreten müssen.

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Schutz beim Bundesjustizamt

Doch dass es keine gute Idee war, ausgerechnet jene Kanzlei aufzusuchen, war auch dem Leiter der Revisionsabteilung klar. Stattdessen appellierte er an den Aufsichtsrat und forderte ihn auf, seinen Aufsichtspflichten nachzukommen und er wandte sich an den Petitionsausschuss des Landtages von Rheinland-Pfalz. Da ihm der Weg zur internen Meldestelle verschlossen war, suchte er eine externe Meldestelle und fand sie beim Bundesamt für Justiz. Dort wird er nun offiziell als Whistleblower geführt. Damit war auch die, einige Wochen später ausgesprochene Kündigung unwirksam. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass wohl auch die Bundesbehörde die Ergebnisse des Innenrevisors für plausibel hält, denn sonst hätte sie die eigenen Untersuchungen gar nicht erst begonnen. Inzwischen widmet sich auch eine Landesbehörde dem Fall Mainzer Stadtwerke. Der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz hat inzwischen ebenfalls einige Fragen an der Aufsichtsrat der Mainzer Stadtwerke. Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, Nino Haase, hatte auch angekündigt, den Landesrechnungshof zur nächsten Aufsichtsratssitzung einzuladen. Wer dann doch nicht eingeladen wurde, war der Landesrechnungshof.

Auf den nächsten, traditionell sehr politischen Karnevals-Umzug in Mainz darf man auch bei den Stadtwerken jetzt schon sehr gespannt sein.

Peter S. Kaspar