Gesunde Alternative Homeoffice
Mit Beginn der Corona-Pandemie vor vier Jahren rückte auch die Frage nach Homeoffice oder Präsenzpflicht am Arbeitsplatz in den Fokus des Interesses. Seither beschäftigt sich damit auch die Universität Konstanz. Regelmäßig befragt das Team um Professor Florian Kunze Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch Führungskräfte zu diesem Thema. Immer wieder werden, teils überraschende, Ergebnisse der Langzeitstudie veröffentlicht, zu der über eintausend Teilnehmer:innen befragt wurden. Auch die jüngste Befragung brachte verblüffende Ergebnisse zu Tage, vor allem unter dem Aspekt des Arbeitsschutzes und der Gesundheit am Arbeitsplatz. Danach ist die Arbeit im Homeoffice gesünder als die bei einer Präsenzpflicht im Büro. DOKTUS hat sich die Ergebnisse genauer angesehen.
Homeoffice bleibt beliebter als die Präsenzpflicht
Ursprünglich wurde das Homeoffice in erster Linie als ein wichtiges Mittel im Kampf gegen die Pandemie betrachtet. Trotzdem schlug der alternativen Arbeitsform zunächst auch eine gewisse Skepsis entgegen. Vor allem Führungskräfte vermuteten einen Rückgang der Leistungsbereitschaft. Aber auch Betriebsärzte äußerten ihre Bedenken. Durch den Mangel an sozialen Kontakten mit den Kollegen könnte es zu Vereinsamung mit all ihren negativen Folgen auf die Gesundheit kommen. Schon im März 2020 begann die Universität Konstanz daher mit ihren Untersuchungen der Auswirkungen von Homeoffice auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Doch schnell stellte sich heraus, dass der Großteil der im Homeoffice Arbeitenden diese Arbeitsform mehr schätzen als den täglichen Gang ins Büro. Doch würde das noch genau so aussehen, wenn die Pandemie vorbei wäre? Tatsächlich hat sich an der Beliebtheit des heimischen Arbeitsplatzes auch nach vier Jahren und einem Jahr nach Ende der Pandemie nur wenig geändert. Auch der Eindruck, dass Unternehmen das Rad nun wieder auf breiter Front zurückdrehen würden, ist objektiv falsch. Tatsächlich sind nur 22 Prozent der Unternehmen wieder zur vollen Präsenzpflicht zurückgekehrt. Die meisten bieten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nun eine hybride Arbeitsform an, bei der einige Tage lang zu Hause und einige Tage lang im Betrieb gearbeitet wird.
Wie sinnvoll ist komplette Präsenzpflicht?
Grundlage der jüngsten Studie ist die Befragung von 1023 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Von diesen sind 476 Führungskräfte in ihren jeweiligen Unternehmen. Bei ihnen ist die Akzeptanz von Arbeit im Homeoffice nur wenig geringer als bei Arbeitskräften ohne Führungsverantwortung. Allerdings glauben 31 Prozent der Führungskräfte, dass in der Präsenz effektiver gearbeitet werde als im Homeoffice. Zwei Drittel der Vorgesetzten und Chefs sieht das allerdings anders. Trotzdem gibt es Betriebe, die inzwischen wieder zur vollen Präsenzpflicht ihres Personals zurückgekehrt sind. Die Untersuchung hat ergeben, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nun wieder ausschließlich im Büro arbeiten, doppelt so häufig unter gesundheitlichen Problemen wie Belastungs- oder Erschöpfungssymptomen leiden. Schon das stelle die These nach der höheren Effizienz in Frage, meinen die Macher der Studie.
Mehr Stress bedeutet nicht mehr Leistung
Nun ließe sich das Ergebnis auch so lesen, dass die Arbeit im Büro – unter der Aufsicht eines Vorgesetzten – schon deshalb effektiver ist, weil es einerseits weniger Ablenkung gibt und andererseits Mitarbeiter:innen deutlich stärker gefordert würden als am heimischen Schreibtisch. Es könnte also logisch sein, dass die Arbeit als belastender und erschöpfender empfunden wird. Doch das eigentlich überraschende Ergebnis der Studie ist, dass die Befragten, die nun wieder Vollzeit im Büro arbeiten, angaben, dass sie bei sich selbst kaum festgestellt haben, dass die Präsenzarbeit sich bei ihnen leistungsfördernd ausgewirkt hätte. „Das sollten Unternehmen bei der Entscheidung, ob eine Rückkehr zur Präsenzpflicht umgesetzt wird, unbedingt mit in den Blick nehmen,“ meint Professor Florian Kunze.
Gesunde Mischung scheint ideal
Das, was fast 80 Prozent der Unternehmen Mitarbeiter:innen schon anbieten, scheint offenbar das ideale zu sein: Eine Mischung aus Homeoffice und Präsenzarbeit. Denn eines ist auch klar: So schön es in den eigenen vier Wänden auch sein mag, weder das Homeoffice noch die damit verbundenen Videokonferenzen können den direkten, menschlichen Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen ersetzen.
Peter S. Kaspar