Krankenstand hoch – trotz fallender Corona-Zahlen

Karneval - Die fünfte Jahreszeit

Was tun, wenn der Krankenstand in die Höhe schnellt? Fragen Sie Ihren Betriebsarzt, damit Sie handlungsfähig bleiben.

An die sich fast monatlich wiederholenden Schlagzeilen, wie etwa „Krankenstand so hoch wie noch nie“ haben sich viele in den letzten drei Jahren gewöhnt. Das Corona-Virus sorgte für einen traurigen Rekord nach dem anderen. Doch nun schien sich der Spuk so langsam dem Ende zu nähern. Die befürchtete große Winterwelle 2022/23 fiel aus. Die Zahl der Neuinfektionen sank – zumindest in der Statistik, aber auch die Zahlen der Krankenhauseinweisungen und Todesfälle wegen Covid-19 gingen immer weiter zurück. Umso irritierender war es, als kurz vor Weihnachten Christian Karagiannidis, Alarm schlug. Der Vorsitzende der Gesellschaft für Intensiv- und Notfallmedizin und Mitglied des Corona-Expertenrates des Bundestages sagte gegenüber der „Rheinischen Post“, dass der Krankenstand „derzeit extrem hoch“ sei. Und er fügte hinzu: „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Die Intensivstationen seien mancherorts wieder überfüllt.

Erste Betriebe schließen

Auch aus betriebsmedizinscher Sicht ist die Situation ernst. Kleinere Unternehmen mussten krankheitsbedingt schon schließen oder ihre Produktion herunterfahren. Die sogenannte „Krankschreibung per Telefon“ wurde erst im November noch einmal bis zum 31. März verlängert. Auch das mag zwar zum Ansteigen des Krankenstandes beigetragen haben. Auf der anderen Seite verhindert genau dies auch das Ansteckungsrisiko im Betrieb.

RS-Viren wirken wie ein Brandbeschleuniger


Tatsächlich spielen auf den Intensivstationen die Coronafälle gar nicht mehr eine dominierende Rolle. Nach zwei Jahren, in denen die Grippe nur eine eher geringe Bedeutung besaß, gibt es in diesem Jahr wieder eine starke Welle. Schwere Grippeverläufe können die Betroffenen ebenfalls in die Intensivstation führen. Und dann ist da noch das RS-Virus, oder, wie es korrekt heißt: Humanes Respiratorisches Synzytial-Virus. Jeder kann sich mit dem RS-Virus anstecken, zu schweren Krankheitsbildern kommt es meistens bei Kindern und jungen Erwachsenen. Doch eine amerikanische Studie hat ergeben, dass in Perioden, in denen sich Grippe-Welle und RS-Viren-Welle überschneiden, die Übersterblichkeit der Grippekranken drei mal höher liegt. Die Macher der Studie folgern, dass viele Opfer des RS-Virus fälschlicherweise dem Grippe-Virus zugeschrieben werden. Während einer Grippewelle kann eine RS-Epidemie also wie eine Art Brandbeschleuniger wirken.

Die Intensivstationen in Deutschland haben es also derzeit mit drei unterschiedlichen, aber durchaus bedrohlichen Viruserkrankungen zu tun – und alle drei bedrohen die Atemwege: Corona, Grippe und RS-Virus. Mindestens bei zwei Erkrankungen ist eine Vorbeugung möglich. Keine Impfung gibt es allerdings gegen das RS-Virus. Die besonders Gefährdeten sind in diesem Fall die Jüngeren. Doch unter bestimmten Voraussetzungen kann die Krankheit auch für ältere Erwachsene gefährlich werden. Eine Prädisposition kann auch ein Lungenschaden sein. So ist denn vorstellbar, dass eine schwere Grippeerkrankung dem RS-Virus die Tore weit öffnet.

Nach Weihnachten hat sich die Situation entspannt


Die Situation hat sich nun nach den Feiertagen ein wenig entspannt. Trotzdem gibt es auf den Intensivstationen noch keine Entwarnung. Einerseits sorgen über den Jahreswechsel regelmäßig Unfälle für „Nachschub“, andererseits fehlt es nach wie vor an Personal. Viele Pflegekräfte sind im Laufe der Coronapandemie aus dem Job ausgestiegen. Viele von denen, die noch da sind, haben sich zwischenzeitlich selbst mit einem der drei Viren infiziert und fallen aus.

Die Lehren aus Corona


Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis sieht ähnlich wie der Immunologe Christian Drosten das Ende der Pandemie gekommen. Auch beobachtet er jetzt einen leichten Rückgang der Atemwegserkrankungen. Insgesamt sind die meisten Mediziner nun verhalten optimistisch. Die drei Jahre währende Pandemie hat immerhin auch einige wertvolle Lehren mit sich gebracht. Aus Sicht des Betriebsmediziners gehört mit Sicherheit der hohe Stellenwert von betrieblichen Schutzimpfungen dazu. Die Impfkampagnen der Arbeitsmediziner haben wesentlich zu den Erfolgen im Kampf gegen Corona beigetragen. Es besteht die begründete Hoffnung, dass dadurch auch die Akzeptanz in den Unternehmen steigt, sich vom Betriebsarzt in Zukunft regelmäßig gegen Grippe impfen zu lassen. Auch DOKTUS unterstreicht, wie wichtig die betrieblichen Grippeschutzimpfungen sind. Das hat die verhältnismäßig starke Grippewelle in dieser Saison noch einmal deutlich gemacht. Arbeitgeber sollten schon im eigenen Interesse ihre Beschäftigten dazu ermuntern, an betrieblichen Impfaktionen teilzunehmen. Auch andere Lehren können in den nächsten Jahren helfen, etwa Grippeepidemien die Spitze zu nehmen. Hygieneregeln, Kontakteinschränkungen und natürlich auch Masken sind gegen Grippeerreger genau so effizient wie gegen das Corona-Virus.

Peter S. Kaspar