Mit Whistleblowern zu Benkos Milliarden
Es hat ein wenig von der Suche nach El Dorado oder von der Jagd nach dem Schatz der Nibelungen. Die Pleite des einstigen Wunderkinds der österreichischen Wirtschaft, René Benko, hat sich längst zu einem veritablen Wirtschaftskrimi entwickelt. Laut dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ jagen inzwischen „Gläubiger, Anwälte und Detektive dem Geld hinterher“. „Business-Insider“ schreibt von „Heerscharen von Anwälten, Ermittlern und Geschädigten“. Erst war von zwei Milliarden verschwundenen Euro die Rede. Die Summe wurde nun jüngst um 400 Millionen Euro aufgestockt. Auch da könnte ein Whistleblower im Spiel sein. Wenn es nach den Abwicklern der Signa-Konzerns geht, könnten aber noch mehr Hinweisgeber behilflich sein. DOKTUS beleuchtet die Hintergründe.
Was macht die Ermittlungen in Fall Benko so schwierig?
Der Tiroler René Benko hatte sich in relativ kurzer Zeit ein riesiges Immobilien-Imperium geschaffen, für die der Name Signa-Gruppe stand. Zum Portfolio von Signa gehörten zum Beispiel das Chrysler-Gebäude in New York, der noch nicht vollendete Elb-Tower in Hamburg oder das KaDeWe in Berlin. Dort hatte er auch Pläne, den ehemals ikonischen Bau des Karstadt am Hermannplatz in seiner einstigen Pracht aus den 20er Jahren wieder erstehen zu lassen. Doch diese und andere Pläne platzten mit Benkos Pleite im vergangenen Jahr. Aber nicht nur der Signa-Konzern meldete Insolvenz an. Auch René Benko selbst ging in die Privatinsolvenz. Seither steht die große Frage im Raum: Wo sind die Milliarden hingekommen? Die Ermittler stießen bei ihren Untersuchungen auf ein wahres Gestrüpp von rund 1.000 Unternehmen, die sich unter dem Dach der Signa tummelten. Hinzu kamen auch noch Stiftungen. Vor allem die Familienstiftungen sorgen für Kopfzerbrechen bei den Ermittlern. Tatsächlich weiß niemand genau zu sagen, wo welches Geld im Konzern am Ende versickert ist. Während die Geschädigten davon ausgehen, dass noch 2,4 Milliarden Euro aufzutreiben sind, sagen die Verwalter, dass nur noch 47 Millionen zur Verfügung stehen. Inzwischen stehen sogar schon Benkos Manschettenknöpfe zur Auktion. Was nicht versteigert wird, ist der Privatjet. Die Bombardier Global Express kostete alleine schon 19 Millionen Euro. Doch die gehörte leider nicht zum Privatvermögen Benkos, auch nicht einer Firma der Signa-Gruppe, sondern einer Privatstiftung, an die im Moment nicht heran zu kommen ist.
Welche Rolle spielen Whistleblower in dem Signa-Krimi?
Tatsächlich hat sich die EU schon vor Jahren dazu entschlossen, Systeme für Whistleblower in den Mitgliedsstaaten zu etablieren, um genau solche Fälle wie von Benko zu verhindern. Offensichtlich gab es bei Signa kein System für Hinweisgeber, zumindest keines, das nachhaltig funktioniert hätte. Das wollen die Verwalter der Überreste von Signa nun ändern. Sie wollen praktisch in den rauchenden Trümmern des Immobilien-Konzerns noch ein Hinweisgeber-System etablieren. Die Signa-Gruppe erhofft sich dadurch Hinweise von Gläubigern, aber auch von Mitarbeitenden und ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erhalten. Das Kalkül ist klar: In so einem dichten Firmengeflecht, in dem 1000 Unternehmen drin stecken, wird sich schon jemand finden, der etwas zu berichten hat.
Sanierungsfall oder Konkurs?
Zwei der größten Unternehmen im Verbund von Signa haben eine Treuhandsanierung beantragt. Vor allem bei der österreichischen Regierung stieß das auf wenig Zustimmung. Sie lehnt die Treuhandsanierung ab. Wenn es allerdings wirklich zu einem Konkurs kommen würde, stellt sich die Frage, ob es dann überhaupt noch möglich ist, einen Whistleblower-Mechanismus einzubauen. Immerhin sollen Whistleblower im Zusammenhang mit den Ermittlungen nicht nur besonders gut geschützt werden. Sie können auch mit Milde rechnen, sollten sie sich im Zusammenhang mit dem Fall „Benko“ selbst etwas zu Schulden haben kommen lassen.
Peter S. Kaspar
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