Nicht viel zum Arbeitsschutz

Koalition

Zwischen dem trumpschen Börsencrash, Ukrainekrieg und Fragen zur Migration blieb bei den Koalitionsverhandlungen nicht viel Raum, sich mit dem Thema Arbeitsschutz zu befassen. Immerhin hat es noch zu einer kleinen Passage in dem 144seitigen Werk gereicht. Wie vieles in der Vereinbarung zwischen den beiden Unionsparteien und der SPD bleibt es dabei bei Absichtserklärungen, ganz nach den Worten des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil, der nach den Verhandlungen betont hatte, dass über vielen Punkten das Wort „das wollen wir“, statt „das werden wir“ stünde. Immerhin können drei der Punkte, sollten sie umgesetzt werden, das Arbeitsleben von Hunderttausenden verändern. Ein Abschnitt richtet sich dagegen spezifisch an eine Berufsgruppe. DOKTUS hat sich das alles genauer angesehen.

Was steht drin?

Es ist interessant, dass die einzige Berufsgruppe, die beim Thema Arbeitssicherheit ausdrücklich erwähnt wird, die Berufskraftfahrer sind. Deren Los will die künftige Regierung dadurch verbessern, dass sie innerhalb der EU auf eine Verbesserung der Arbeitssicherheitsstandards drängt. Außerdem verspricht die künftige Regierung, sich für eine Verbesserung der sanitären Infrastruktur an Autobahnrastplätzen einzusetzen. 
Alle anderen Berufsgruppen könnten dagegen von drei weiteren Vorhaben profitieren. Einerseits geht es um die Arbeitszeit. Die soll flexibler werden. So soll die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ersetzt werden. Außerdem soll die elektronische Arbeitszeiterfassung mit Blick auf kleine und mittelständische Unternehmen so unbürokratische wie möglich umgebaut werden. Um Bürokratie geht es auch in einem weiteren Punkt des Vertrages. So sollen zum Beispiel Mehrfachprüfungen abgeschafft werden. Außerdem ist ein leichterer Datenaustausch zwischen maßgeblichen Stellen und Institutionen vorgesehen.

Psychische Gefährdung ganz oben auf der Liste

Auf Platz eins der kurzen Hitliste zum Thema Arbeitsschutz hat es die psychische Gefährdung am Arbeitsplatz geschafft. In der Tat dürfte das derzeit das drängendste Problem in der Arbeitswelt sein. Mitten in die Koalitionsverhandlungen platzen auch neue Zahlen über Krankschreibungen. Hier nahmen psychische Erkrankungen wieder einen Spitzenplatz ein. In dem Koalitionspapier heißt es, dass der Prävention viel Platz eingeräumt werden muss, ohne dass darauf näher eingegangen wurde, wie diese Prävention denn aussehen soll. Immerhin sollen alle Instrumente des Arbeitsschutzes auf den Prüfstand. So soll gewährleistet werden, dass sie auch wirksam sind. Erwähnt werden in diesem Zusammenhang „besonders belastete Berufsgruppen“. Es ist stark anzunehmen, dass damit unter anderem der Pflegebereich gemeint ist, der besonders unter Krankschreibungen aus psychischen Gründen leidet. Anders als die Berufskraftfahrer, die an den Autobahnen offenbar mehr Klos und Duschen vorfinden sollen, wird das pflegende Personal weder erwähnt noch werden dezidierte Lösungsvorschläge vorgegeben.

Vorsorge Bildschirm G 37

Details zur Abwendung psychischer Gefahren stehen anderswo

Doch vielleicht tut man den Koalitionären auch ein wenig unrecht, denn das Thema psychische Gefährdung kommt dann schon noch in dem Papier vor, allerdings nicht unter dem Stichwort Arbeitsschutz. Union und SPD haben sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Bevölkerung resilienter zu machen. Explizit wird von Katastrophen und Pandemien gesprochen, was darauf schließen lässt, dass es sich um eine Reaktion auf die Corona-Pandemie handelt. Konkreten Handlungsbedarf sehen die künftigen Regierungspartner bei Kindern und Jugendlichen. Für sie soll ein Programm mit dem Titel „Mentale Gesundheit für junge Menschen“ aufgelegt werden. Relevanter für das Thema Arbeitsschutz dürfte dagegen sein, dass nach digitalen Lösungen bei Behandlung und Prävention gesucht wird. Außerdem soll das psychotherapeutische Angebot im ländlichen Raum ausgebaut werden. Zudem will die Koalition auch mehr Geld für die Ausbildung im psychotherapeutischen Sektor in die Hand nehmen. Damit soll dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Auch wenn die letztgenannten Punkte die gesamte Bevölkerung betreffen, so wird das, eine entsprechende Umsetzung vorausgesetzt, auch im Arbeitsleben positive Folgen zeigen.

Peter S. Kaspar

Bildquelle: iStock, Astrid860

Überlastung
Koalition
Pause
psychische Gefährdungsbeurteilung
GroKo