Tattoos im Job – nicht alles ist erlaubt
Einst war der gestochene Körperschmuck etwas für Seeleute, Preisboxer oder Knastbrüder, so das Klischee. Doch Tätowierungen waren bisweilen auch eine Art der Auflehnung oder des Protestes. So ließ sich die österreichische Kaiserin Elisabeth, besser bekannt als Sissi, mit 51 Jahren in einer Hafenkneipe ein Tattoo in Form eines Ankers auf die Schulter stechen. Was im 19. Jahrhundert ein Skandal war, ist heute längst Normalität. Etwa jeder Vierte Deutsche trägt eine Tätowierung. In der Altersgruppe zwischen 25 und 34 Jahren tragen mehr als die Hälfte Tattoos. Doch trotz dieser scheinbar allgemeinen Akzeptanz, kann ein Tattoo unter bestimmten Umständen für Ärger im Beruf sorgen. Dabei kommt es sehr auf den Arbeitgeber, das Arbeitsumfeld und auf das Motiv an, das die Haut ziert. Wie das im Detail aussieht, hat DOKTUS einmal unter die Lupe genommen.
Muss ein Arbeitgeber Tätowierungen bei Angestellten dulden?
Grundsätzlich ist ein Tattoo eine Privatangelegenheit – solange es niemand sieht. Spätestens mit der Sichtbarkeit können die Probleme beginnen. Sehr restriktiv sind die Bedingungen im Öffentlichen Dienst, wo in der Regel gar keine sichtbaren Tattoos gestattet sind. Auch bei Banken, der höheren Hotellerie und Gastronomie oder auch in vielen Anwaltskanzleien sind sichtbare Tätowierungen verboten oder zumindest nicht gerne gesehen. Als Faustregel kann gelten: Je formeller der Dress-Code eines Arbeitgebers ist, desto geringer wird die Akzeptanz des oft aufwändig gestalteten Körperschmucks. Ein Beispiel: Wenn ein Arbeitgeber seinen Mitarbeiter:innen aus repräsentativen Gründen Krawatte und Jackett als angemessene Dienstkleidung vorschreibt – was durchaus statthaft ist –, dann muss er auch kein Tattoo am Hals oder auf dem Handrücken von Angestellten dulden. Normalerweise wird ein solcher Art verziertes Personal gar nicht erst eingestellt. Wer sich während der Angestelltenzeit ein sichtbares Tattoo stechen lässt, muss mit arbeitsrechtlichen Folgen, wie Versetzung, Abmahnung oder gar Entlassung rechnen.
Arbeitsunfähig nach einer Tätowierung
Eine ganz heikle Situation kann entstehen, wenn das Stechen eines Tattoos zu einer Infektion und anschließend zu einer möglichen Arbeitsunfähigkeit führt. Immerhin besteht bei jedem Tattoo, das gestochen wird, die Gefahr einer bakteriellen Infektion. Auch allergische Reaktionen sind möglich. Sogar Viruserkrankungen sind nicht ausgeschlossen. Das kann auf mangelnde Hygiene im Tattoo-Studio zurückzuführen sein, aber auch auf die falsche oder mangelnde Pflege einer frisch gestochenen Tätowierung. Arbeitsrechtlich ist das eine schwierige Situation, denn bei einer selbstverschuldeten Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung einstellen. So steht es im Gesetz zur Fortzahlung des Entgelts (EFZG). Ist ein Arbeitgeber der Ansicht, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter seine Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet hat, weil sie oder er sich ein Tattoo stechen ließ, kann er die Lohnfortzahlung einstellen. Ob ihm dabei ein Arbeitsgericht folgen würde, ist allerdings noch nicht ausgemacht, denn die Frage nach der selbstverschuldeten Arbeitsunfähigkeit wird von Arbeitsrichter:innen unterschiedlich bewertet. Zu einem spektakulären Fall kam es beim FC Bayern München. Der Verein verdonnerte seinen Spieler Corentin Tolisso zu einer Geldstrafe, weil er sich während der Saison ein Tattoo stechen ließ. Allerdings trug sich das 2021 während der Corona-Krise zu, was den Vorfall deutlich verschärfte.
Kann ein Tattoo strafbar sein?
Ein Tattoo selbst kann noch nicht strafbar sein, das Zeigen in der Öffentlichkeit dagegen schon. Motive wie Hakenkreuze oder SS-Runen sind nationalsozialistische Symbole, die in der Öffentlichkeit nicht gezeigt werden dürfen. Wer also, wie in einem Fall 2015 geschehen, sich in einer Kneipe seiner Oberbekleidung entledigt und stolz das Konterfei von Adolf Hitler auf seiner Brust präsentiert, kann, wie damals geschehen, schon mal für vier Monate hinter Gittern landen. Übrigens kann das Zeigen von Nazisymbolen grundsätzlich auch immer arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Regeln sollen klar sein
Offen zur Schau gestellte Tattoos muss kein Arbeitgeber während der Arbeitszeit dulden. Allerdings ist es auch wichtig, von Beginn an Klarheit darüber zu schaffen, ob, in welchem Umfang und bei welcher Gelegenheit Tattoos am Arbeitsplatz geduldet werden. Dadurch werden für beide Seiten unerquickliche arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen vermieden. Auch bei eingestochenem Körperschmuck ist nicht klar, ob Arbeitsgerichte immer im Sinne des Arbeitgebers entscheiden.
Peter S. Kaspar