Zwischen Vorsorge und Eignung
Eigentlich wäre es ja manchmal so einfach. Da steht eine Eignungsuntersuchung an. Die könnte man doch gleichzeitig mit der anstehenden Vorsorgeuntersuchung verknüpfen. Dann hätte man alles in einem Aufwasch gemacht. Doch das funktionier so leider nicht. Vorsorgeuntersuchungen und Eignungsuntersuchungen bleiben strikt voneinander getrennt und das hat gute Gründe. DOKTUS hat sich die einmal genauer angesehen.
Was sind die Ziele einer Vorsorgeuntersuchung?
Vorsorgeuntersuchungen und Eignungsuntersuchungen verfolgen zwei völlig unterschiedliche Ziele. Die Vorsorgeuntersuchungen, von denen es drei unterschiedliche Kategorien gibt, dienen zunächst dem Gesundheitserhalt und der möglichst frühen Erkennung von Schädigungen, die durch die an einem Arbeitsplatz gegebenen Verhältnisse entstehen können. Als Beispiel nehmen wir einen sehr lärmintensiven Arbeitsplatz. Das kann ein Hammerwerk sein oder auch eine Spülküche. Natürlich müssen Maßnahmen getroffen werden, dass das Gehör der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht geschädigt wird. Deshalb ist ein Gehörschutz vorgeschrieben. Doch wirkt der auch? Deshalb gibt es in regelmäßigen Abständen die Vorsorgeuntersuchung G 20. Je nach Arbeitsplatz kann das eine Pflichtvorsorge oder eine Angebotsvorsorge sein. Dabei wird geprüft, ob das Gehör durch die Lärmemissionen – trotz aller Vorsichtsmaßnahmen – in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Eine Angebotsvorsorge kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer, ohne berufliche Folgen fürchten zu müssen, ablehnen. Bei einer Pflichtvorsorge sieht das anders aus. Wer diese Untersuchung ablehnt, muss damit rechnen, an einen anderen, weniger lärmintensiven Arbeitsplatz versetzt zu werden. Grundsätzlich geht es bei einer Vorsorgeuntersuchung nicht um die fachliche Befähigung für einen bestimmten Arbeitsplatz, sondern nur um die Überprüfung der Gesundheit, beziehungsweise die Auswirkungen des Arbeitsplatzes auf die Gesundheit.
Was ist das Ziel einer Eignungsuntersuchung?
Ganz anders sieht es bei einer Eignungsuntersuchung aus. Hier wird festgestellt, ob eine Kandidatin oder ein Kandidat für eine bestimmte Arbeitsstelle körperlich und/oder mental geeignet ist. So muss sich ein Berufstaucher ebenso vom Arzt die Tauchtauglichkeit bescheinigen lassen, wie ein Berufspilot die Flugtauglichkeit. Wer eine entsprechende gesundheitliche Tauglichkeit nicht nachweisen kann, der kann auch nicht den angestrebten Beruf ausüben. Hier geht es nicht um mögliche gesundheitliche Folgen des Tauchens oder des Fliegens, sondern einzig und alleine um den aktuellen körperlichen und seelischen Zustand der Bewerberin oder des Bewerbers.
Warum gehen beide Untersuchungen nicht zusammen?
Schon die beiden unterschiedlichen Zielsetzungen lassen eine Zusammenlegung von Vorsorgeuntersuchung und Eignungsuntersuchung nicht sinnvoll erscheinen. Noch entscheidender ist aber ein ganz anderer Punkt. Der hat mit der ärztlichen Schweigepflicht zu tun. Die gilt auch für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte. Sie dürfen über das Ergebnis einer Vorsorgeuntersuchung nichts verlauten lassen, also etwa die Chefin oder den Chef über den Ausgang einer Vorsorgeuntersuchung unterrichten. Ganz anders sieht es bei einer Eignungsuntersuchung aus. Da erwartet ja der Vorgesetzte eine Auskunft über den Zustand der künftigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter. Sehr detailliert kann aber auch die nicht ausfallen. Sie darf sich nur auf „geeignet“ oder „nicht geeignet“ beschränken. Warum eine Bewerberin oder ein Bewerber als „nicht geeignet“ eingestuft werden, dürfen Chefin oder Chef dagegen nicht erfahren. Andererseits steht einer Betriebsärztin oder einem Betriebsarzt bei einer Vorsorgeuntersuchung genau so ein Urteil gar nicht zu. Es liegt auf der Hand, dass eine Betriebsärztin oder ein Betriebsarzt Gefahr laufen könnten, in einen Interessenskonflikt zu geraten, wenn sie beide Untersuchungen miteinander vermischten.
Trennung war nicht immer gegeben
Tatsächlich hatte man sich in früheren Jahren über diese Feinheiten noch keine Gedanken gemacht. Doch seit die Ansprüche an den Datenschutz deutlich gestiegen sind, ist es auch klar, dass die beiden Untersuchungen streng voneinander getrennt sein müssen. Es gibt dafür auch eine rechtliche Grundlage, die sich in der Verordnung für die Arbeitsmedizinische Vorsorge (ArbSchVV) wieder findet.
Peter S. Kaspar
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